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sdWerte – Die Geschichten unserer Geförderten, Alumnae, Alumni, Mentorinnen und Mentoren

Geschichten aus 30 Jahren sdw: Marieke Wede

Alumna unseres Studienkollegs für Lehramtsstudierende (2008-2011) und von TaLea – Tandem Leadership for Learning (2022-2023)

Die Stiftung der Deutschen Wirtschaft feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. Marieke Wede war von 2008 bis 2011 Teilnehmerin des Studienkollegs für Lehramtsstudierende im Studienförderwerk und im Jahrgang 2022/23 als Lehrkraft bei TaLea – Tandem Leadership for Learning.

Heute arbeitet die Reformpädagogin an der Stadtteilschule Helmuth Hübener in Hamburg und setzt dort ihre Vorstellung von zeitgemäßem Lernen erfolgreich um: Gemeinsam mit Kirsten Ueberholz, Renya Brockmann und Jacqueline Rost, ebenfalls Studienkollegs- oder TaLea-Alumnae, haben sie dort vor drei Jahren einen Profilzug mit dem Titel „Anders lernen in der digitalen Welt" aufgebaut. Einige unserer Studienkollegs-Geförderten erhielten im Rahmen von Akademie-Veranstaltungen vor Ort schon inspirierende Einblicke in das innovative Projekt.

Mit einem Best-Practice-Vortrag zum Gründen von Reformabteilungen in Schulen werden Marieke und Kirsten auch bei der BiKo 2025 dabei sein! Die aim Bildungskonferenz zeigt Perspektiven für die Bildung der Zukunft. Welche Ideale von zeitgemäßer Schule Marieke verfolgt und wie die sdw sie bislang in der Umsetzung ihrer Veränderungsvorhaben unterstützen konnte, lest ihr in unserem Jubiläums-Interview:

 

Liebe Marieke, erzähl uns gern mehr über euer Schulprojekt, über deine Rolle und Vision dabei!

Für mich war nach einigen Jahren an einer Gemeinschaftsschule im Hamburger Norden klar, dass ich etwas suche, das ich mitgestalten kann – und dass ich einen Ort suche, der mehr im Einklang mit meinen Vorstellungen von Schule ist. In der Stadtteilschule Helmuth Hübener in Hamburg habe ich dann – zusammen mit drei weiteren sdw-Alumnae – das Schulprojekt „Anders lernen in der digitalen Welt" ins Leben gerufen. Das heißt, wir haben mit Unterstützung der Schulleitung und der Elternschaft eine kleine Reformabteilung innerhalb der bestehenden staatlichen Gemeinschaftsschule aufgebaut. Wir sind eine Entwicklungsgruppe von aktuell sechs Personen, die den Projektunterricht und das Gemeinschaftsleben in unserer Abteilung verändern und viele neue Ideen ausprobieren möchten. Dazu gehört eine 1:1-Ausstattung mit dem Tablet, zweimal pro Woche eine Versammlung mit soziokratischen Strukturen, Jahrgangsmischung, ein neues Modell für den Ganztag, Community Nights für die Familien, das Beschließen von Projektthemen gemeinsam mit Schüler*innen-, Lehrer*innen und Elternschaft sowie das Lernen ohne Noten bis zur achten Klasse.

Ziel ist es, die Kinder des Profilzugs zu unterstützen, in ein aktives, erfüllendes und friedenstiftendes Leben hineinzuwachsen. Wir halten es für wichtig, sich selbst gut zu kennen, die eigene Kreativität und persönlichen Neigungen zu entfalten, Gemeinschaft gestalten zu können, sich darin zu behaupten, Vorhaben zu entwickeln und durchzuführen. Danach richten wir unseren Projektunterricht aus.

Ich bin dabei verantwortlich für die Finanzen, inkl. der Drittmittelakquise, und für die Umsetzung unseres alternativen Zeugnisformats vom Hamburger Schulversuch „alles>>könner“. Zudem leite ich eine jahrgangsgemischte Stammgruppe und weitere Projekte – wie z. B. „Konflikte klären lernen mit gewaltfreier Kommunikation“.

 

Welche Rolle spielt(e) die sdw für dich bei der Gründung?

Schon während der Förderung habe ich durch die sdw die Ermutigung erfahren, Schule neu zu denken und viele Referentinnen und Referenten gehört, die mit uns ihre Innovationserlebnisse im Schulsystem geteilt haben. Diesen Rückenwind zu haben, ist ein kostbarer Schatz, den ich mit der Entwicklung des Profilzugs sozusagen jetzt gehoben habe.

Durch die sdw bin ich zudem viel mit Social Entrepreneurship und Mut zur Gründung in Berührung gekommen. Mit der Förderung im Studienkolleg und bei TaLea ist ein Netzwerk gewachsen, das mir jederzeit zur Inspiration und als kritische Mitdenkende zur Seite steht. Bei mir hat die Förderung nicht mit der Förderung geendet. Das bedeutet mir sehr viel.

 

Wie konnten das Studienkolleg und TaLea dich konkret unterstützen, Schule nach deinen Vorstellungen zu gestalten?

Das Studienkolleg war ausschlaggebend, überhaupt in meinen Beruf zu starten. Im Studienkolleg bin ich auf die Menschen gestoßen, mit denen ich gerne zusammenarbeiten möchte. Leute, die begeistert davon sind, Bildung gestalten zu dürfen und bereit sind, in diesem schwierigen System auch zu arbeiten. Ich war in meiner Situation in meinem Studiengang Lehramt in einer gefühlten Einbahnstraße, die mir gar nicht gefallen hat. Selbst von einer Reformschule (Gesamtschule Bremen Mitte) kommend, war ich mit dem, was ich in meinen Praktika an Schulen gesehen habe, nicht zufrieden. Ich denke, wir brauchen mehr denn je sehr gute Antworten, wie wir unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt gestalten und das kritische, eigenständige Denken fördern können. Für mich fängt das bei sehr guten Lehrkräften an, die den Freiraum bekommen, dafür Lösungen zu finden.

Was unseren Profilzug betrifft, so nahmen wir drei sdw-lerinnen im Rahmen des Studienkollegs an Seminaren zu Projektmanagement, Kommunikation oder mit umfangreichen Planspielen teil. TaLea hat uns dann ermöglicht, das Projekt zwei Jahre lang begleitet weiterzuentwickeln, da wir uns mit unterschiedlichen Konstellationen bei dem Tandem Leadership-Programm beworben haben und dort wiederum sehr viel hilfreichen Input und kritische Rückmeldungen bekommen konnten. Innerhalb des Projekts brauchen wir immer wieder für kleine bis mittelschwere Probleme eine Lösung. Vielleicht ist die Vorstellung von außen, dass ein großes Konzept oder gar eine Konzeptidee ausreicht. Aber in der Realität brauchen wir alle paar Wochen für ein größeres Problem ein eigenes kleines Konzept – zum Beispiel für den Einsatz von Doppelbesetzungen, die konkrete Planung unserer Projektsitzungen oder die Struktur der Versammlung. Auch TaLea konnten wir nutzen, um solche Puzzlestücke für uns zu entwickeln.

 

Gibt es etwas, das du der sdw noch sagen oder für die nächsten 30 Jahre wünschen möchtest?

Mit eurem klaren Bekenntnis, im Bildungsbereich neue Wege der Förderung zu gehen und die Lehrkräfteförderung so ernst zu nehmen, leistet ihr aus meiner Sicht einen einzigartigen und gesellschaftlich sehr wichtigen Teil. Macht genau so weiter!

Im Besonderen möchte ich Fanny Günthel, Fachleitung Frühe und schulische Bildung bei der sdw, für ihre Unterstützung und Ideen danken und dafür, dass sie stetig den Austausch mit und unter uns geförderten Lehrkräften pflegt!

Foto: Frederika Hoffmann/sdw