sdWerte – Die Geschichten unserer Geförderten, Alumnae, Alumni, Mentorinnen und Mentoren
Geschichten aus 30 Jahren sdw: Anna Marie Sailer
Anna Marie Sailer war von 2020 bis 2023 Teilnehmerin bei NicK – Nachwuchsinitiative chancengerechte Kitas, unserem Zusatzangebot für Studierende kindheitspädagogischer Fächer. Heute arbeitet sie als Erzieherin in einer Krippengruppe und hat die stellvertretende Leitung der Einrichtung übernommen. Über die neue Verantwortung sagt sie: „Es ist echt spannend, hinter die Kulissen zu gucken und direkt etwas bewegen zu können. Ich habe schnell gemerkt, wie viel tolles Zusatzwissen ich durch NicK in meine Arbeit einbringen kann. Das ist nicht nur eine Bereicherung für mich, sondern für mein ganzes Team. Ich arbeite auf jeden Fall sehr gern in dem Beruf!“
Im Interview erzählt sie noch mehr über ihren Berufsalltag und darüber, was sie aus der Förderzeit für sich persönlich und ihre berufliche Praxis mitnehmen konnte.
Liebe Anna, du bist stellvertretende Leitung einer Krippe, in der du auch in der Gruppe direkt mit den Kindern arbeitest. Wie dürfen wir uns das vorstellen?
Meine Arbeit setzt sich aus Zeiten mit dem Kind sowie Büro-/Vorbereitungszeit zusammen. Primär plane und verbringe ich den Tag in der Krippengruppe, habe aber auch einiges an Bürozeit, die ich dann für die Aufgaben der stellvertretenden Leitung nutze oder mich mit dem Leitungsteam treffe, um Aktuelles zu besprechen. Dazu zählt z. B. auch der Austausch mit dem Träger und der Stadt.
Wie hat dich dein sdw-Stipendium geprägt?
Ich habe durch die sdw ein vielseitiges und breitgefächertes Weltbild kennenlernen dürfen. Die Seminare waren inhaltlich immer wertvoll und ich konnte für meine Arbeit mit Kindern, Familien und anderen pädagogischen Fachkräften viel an Input, Möglichkeiten und Erfahrungen mitnehmen. Vor allem der fokussierte und systemorientierte Blick auf das Kind, seine Umgebung und seine Bedürfnisse hat mich sehr geprägt und hilft mir im Alltag. Einiges an Wissen und alternativen Ansätzen aus meiner NicK-Zeit kann ich heute zudem an mein Team weitergeben.
Welche Höhepunkte kommen dir in den Sinn?
Für mich waren alle Seminare des Studienförderwerks ein Höhepunkt, aber allem voran die NicK-Werkstätten. Es ist sehr bereichernd, wenn man mit Menschen zusammen ist, die dieselbe Leidenschaft und Motivation für ein Thema teilen und gemeinsam versucht, neue Ansätze in die Praxis zu übernehmen. Der Austausch war immer inspirierend und die Atmosphäre untereinander stets aufrichtig und herzlich. Ich denke gern an die gemeinsamen Abende zurück, an denen wir Seminartage Revue passieren ließen und verschiedene Erfahrungen teilen konnten. Toll waren die Begegnungen mit den Studierenden aus den ersten NicK-Jahrgängen. Alle hatten unterschiedliche Zukunftsvisionen davon, was sie mit ihrem Bachelor oder Master in der Kindheitspädagogik erreichen wollen – das war wirklich sehr spannend. In besonderer Erinnerung sind mir auch die Besuche von Kindheitspädagoginnen und -pädagogen oder ähnlichen Professionen geblieben, die ihre Berufe oder Arbeitsfelder vorgestellt haben. So erhielten wir einen direkten Einblick in das vielseitige Handlungssfeld der Kindheitspädagogik. Die jährlichen Fachgruppentreffen waren ein weiteres Highlight für mich.
An welche Veranstaltungen denkst du besonders gern zurück?
Ich fand es spannend, hinter die Kulissen eines Hamburger Schul- und Bildungszentrums in sozialschwacher Lage zu blicken. Mich hat es motiviert, zu sehen, wie dort durch die Zusammenarbeit verschiedener Professionen sehr viel Gutes für die Kinder erreicht wird. Zuvor hatte ich das dazu passende Seminar „Familien und Armut“ besucht, bei dem ich gelernt habe, wie Bildung und Armut zusammenhängen können.
Wie schätzt du es ein: Was sind aktuell die größten Herausforderungen im System, die mehr Chancengerechtigkeit im Weg stehen und was kannst du tun, um diesen Herausforderungen zu begegnen?
Ich habe das Gefühl, dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit in unserem Berufsfeld immer schwieriger wird. Ich sehe, dass der Förderbedarf bereits im Krippenalter steigt, aber dass die Wartezeiten bei Frühförder- oder Beratungsstellen, Logopädie und anderen therapeutischen Berufen so lang sind, dass die Entwicklung des Kindes teilweise komplett stagniert. Ich als Kindheitspädagogin kann die Entwicklung ganzheitlich fördern und auch bei kleinen Auffälligkeiten gezielt unterstützen. Aber wenn der Förderbedarf zu groß wird, müssen andere Professionen übernehmen, um die ganzheitliche Förderung weiter auszubauen.
Der Bedarf steigt immer mehr an, die Fachkräfte werden aber eher weniger. Dazu kommt, dass viele langjährige Fachkräfte den Punkt der Resignation erreicht haben. Das hat unterschiedliche Gründe. Einer davon ist die große Unzufriedenheit mit den Bedingungen und der Bezahlung des Berufs, aber auch die teilweise ermüdende Zusammenarbeit mit den Familien. Wenn dann die Fachkräfte nicht mehr für die Kinder einstehen und kämpfen, macht es traurigerweise niemand und der Weg zur Chancengerechtigkeit wird immer steiler.
Ergänze folgenden Satz: Die Zeit bei der sdw und explizit bei NicK war für mich...
… bereichernd und eine tolle und wertvolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte!
Gibt es noch etwas, das du der sdw gern sagen möchtest?
Vielen Dank für die tollen Möglichkeiten und die Chance, die ich bekommen habe! Ich werde sie nutzen, um mein erworbenes Wissen bestmöglich anzuwenden und so möglichst vielen Kindern den Weg zu mehr Chancengerechtigkeit ebnen.
NicK – Nachwuchsinitiative chancengerechte Kitas ist ein Zusatzangebot für Studierende kindheitspädagogischer Fächer des Studienförderwerks Klaus Murmann. Aktuell führen wir es in Kooperation mit der aim – Akademie für Innovative Bildung und Management Heilbronn-Franken und der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS durch.