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Luana: von der Schulsprecherin zur Kommunalpolitikerin

Bereits als Schulsprecherin hat Studienkollegs-Stipendiatin Luana damit angefangen, mitzugestalten. Und dann gab es kein Halten mehr.

Immer wenn Luana über den Festplatz in ihrem hessischen Dorf in Buseck geht, muss sie ein bisschen schmunzeln. Sie ist stolz, dass der Jugendbeirat ihn so vehement durchgesetzt hat in den vielen, manchmal zähen, Gemeinderatssitzungen. Seit Kurzem gibt es dort sogar eine Freerunning-Anlage.

Doch die Geschichte fängt zehn Jahre früher an. Als 14-Jährige wollte Luana erstmals richtig mitgestalten. Sie stellte sich als Schulsprecherin auf und wurde gewählt. Es faszinierte sie, dass sich mit solch einem Amt auf einmal Möglichkeiten der Veränderung auftaten. Die Schülervertretung wurde von der Schulleitung nach ihrer Sicht der Dinge gefragt. Sie konnten mitentscheiden und gestalten. Das Ergebnis war zunächst ein Salatbuffet in der Mensa und die Einrichtung eines Spanisch-Kurses. Doch die Erkenntnis, dass der Nachwuchs auch gleichzeitig der Schlüssel für Kontinuität ist, begleitet Luana bis heute. „Wir werden immer älter und müssen irgendwann die Schule verlassen“, lacht die Stipendiatin des Studienkollegs. „Deswegen fingen wir damals an, die Fünftklässler*innen anzuwerben.“ Das Konzept ging auf: Strategien wurden weitergeben und somit langfristige Ziele verfolgt. Bis heute gibt es an der Schule Seminare, bei denen der Nachwuchs gefördert und zur Partizipation motiviert wird.

Eine Besonderheit in der Kommune von Buseck ist der hauptamtliche Jugendpfleger, der Ansprechpartner für alle Kinder und Jugendlichen ist. Er war es auch, der Luana damals ansprach, ob sie Lust hätte, sich im Jugendbeirat zu engagieren. Dieser Beirat ist ein Zusammenschluss von bis zu 20 Mitgliedern, die alle zwei Jahre gewählt werden. Die Wahl ist vergleichbar mit einer Kommunalwahl und alle Kinder und Jugendlichen, die über zwölf Jahre alt sind, dürfen wählen. Der Jugendbeirat hat ein Wortrecht bei Gemeinderatssitzungen. Die Meinung der Mitglieder ist für die Kommunalpolitiker*innen also von Bedeutung. Deswegen kommen diese auch gern und regelmäßig zu den Sitzungen des Jugendbeirats.

Es dauerte nicht lang, da war Luana für sechs Jahre Vorsitzende des Jugendbeirats. Mittlerweile hat sie den Posten abgegeben; die Bühne möchte die 24-Jährige nun Jüngeren überlassen. „Die Partizipation im Beirat war plötzlich auf einem ganz anderen Level als ich es aus der Schülervertretung kannte“, erzählt sie und ihre Augen leuchten fast so sehr wie ihre roten Rasta-Zöpfe. Sie wurde noch mehr beteiligt: Bei der Planung neuer Spielplätze zum Beispiel. Zur Bürgermeisterwahl 2015 organisierten sie eine Podiumsdiskussion, bei der sich die Kandidat*innen vorstellten. Und sie setzten den besagten Festplatz durch. Eigentlich ist das ein Areal, auf dem es ein Basketball-Feld, eine Halfpipe und die Parkour/Freerunning-Anlage gibt. Einmal im Jahr findet dort allerdings auch die Kirmes statt – ein Kompromiss, ohne den es den Festplatz nicht hätte geben können. Stirnrunzelnd erklärt die Studentin: „Auch das ist Demokratie. Es geht zwar meistens irgendwas nach der Kirmes auf dem Platz kaputt, aber der Nutzen für die Jugendlichen steht trotzdem außer Frage.“

Neben dem kontroversen Diskutieren, andere Meinungen tolerieren und die eigene Meinung trotzdem vertreten, hat Luana als Jugendbeirats-Vorsitzende das Vernetzen unterschiedlicher Akteure gelernt. So feierte der Jugendbeirat gemeinsam mit dem Seniorenbeirat sein 20-jähriges Bestehen. Die Erlöse vom Kuchenverkauf wurden dann in den Ausbau des Mehrgenerationenspielplatzes investiert. Seit einem halben Jahr gibt es nun auch das Jugendforum, ein Zusammenschluss mehrerer Kommunen. Dieses Forum ist ein übergeordnetes Diskussionsforum, das durch das bundespolitische Programm „Demokratie Leben“ gefördert wird. Die Jugendbeiräte entsenden Delegierte, die sich auf dem Forum vor allem mit der Frage beschäftigen, wie mehr Strukturen für Demokratie geschaffen werden können. Da es noch nicht in allen Kommunen in den Lahntälern rund um die mittelhessische Stadt Gießen einen Jugendbeirat gibt, ist der Busecker Beirat gewissermaßen auch Vorreiter.

Für die kommende Wahl 2021 wird Luana sich als Kommunalpolitikerin zur Wahl stellen. „Die Jugend ist ein wichtiger Standortfaktor“, berichtet sie. Einerseits ist es eine prägende Erfahrung für die Jugendlichen, dass sie ihren Lebensraum mitgestalten können. Andererseits gestalten sie diesen eben auch genau nach ihren Bedürfnissen. Diese Strukturen sind dann wiederum ansprechend für Familien und wirken Landflucht entgegen. Ein attraktives Umfeld für Kinder und Jugendliche könne niemand besser gestalten als die Betroffenen selbst. „Deswegen ist es auch so wichtig, dass die Kommunalpolitik jünger wird!“. 


Luana ist Stipendiatin im Studienkolleg und engagiert sich in der Kommunalpolitik
Foto: J. Schütrumpf