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Geschichten aus 30 Jahren sdw: Dr. Janine Häbel

Alumna des Studienförderwerks Klaus Murmann (2017-2022)

„Dass ich – jemand aus einer Arbeiterfamilie aus einer Kleinstadt und mit großen schulischen Problemen in der Vergangenheit – jemals ein Studium, geschweige denn eine Promotion, abschließen würde, hätte ich mir nie träumen lassen“, erzählt unsere Alumna Janine nach ihrem erfolgreichen Promotionsabschluss in diesem Jahr. Gefördert durch ein Promotionsstipendium im Studienförderwerk Klaus Murmann hat sie im Bereich Gender & Sexuality Studies in der Kulturanthropologie an der Universität Amsterdam promoviert und dafür in Tansania in der Nähe des Kilimandscharos geforscht. Die Motivation für ihre Promotion und die Begeisterung für das Thema schöpft sie aus ihren Überzeugungen: „Mich hat schon immer gestört, dass Frauen in Afrika ganz allgemein permanent als benachteiligt und marginalisiert dargestellt werden, insbesondere Frauen, die gleichgeschlechtlich l(i)eben. Das entsprach nicht dem, was ich täglich vor Ort erlebt habe. Während meiner Forschungsaufenthalte habe ich vor allem sehr engagierte, starke Frauen kennengelernt, die zudem unfassbar witzig sind und ihre Sexualität auf kreative Weise gestalten, auch wenn Geheimnisse dabei eine zentrale Rolle spielen.“

Inzwischen hat Janine eine Postdoc-Stelle in Lissabon angetreten, führt als zweite Vorsitzende die NGO Good Hope in Tansania mit sechs festen Mitarbeitenden und betreibt einen Onlinehandel für fair gehandelte Vanille vom Kilimandscharo: Kili Vanili. Der Weg dorthin war für sie nicht immer ganz einfach und ließ sich nur mit viel Eigeninitiative meistern: „Herausforderungen gab es immer wieder. Während meines Studiums der Europäischen Ethnologie musste ich zum Beispiel kaum bis keine englischen Texte lesen. In der Promotion gab es für mich hier sehr viel Nachholbedarf, den ich nur mit Fleiß überwinden konnte.“ Aber Janine geht ihre Herausforderungen nicht nur mit Durchhaltewillen, sondern auch mit Kreativität und Innovationsgeist an.

Als sie für ihre Promotion länger braucht als vorgesehen und ihre Förderung endet, entscheidet sie sich für einen neuen Weg der Finanzierung: eine Gründung. „Ich habe mich schon immer für Gründungen und Start-ups interessiert. Also habe ich nach einer sinnstiftenden Einkommensquelle gesucht. Eines davon war das Vanille-Business, welches durch eine einjährige Gründungsförderung durch die Sächsische Aufbaubank gefördert wurde.“ Ihr sdw-Netzwerk und der Input zum Thema Unternehmertum während ihrer Förderzeit halfen ihr bei ihrem Vorhaben: „Ich habe unfassbar engagierte Geförderte, Alumnae und Alumni der sdw kennengelernt, mit denen ich gemeinsam über den Tellerrand hinausschauen konnte und deren Projekte mich inspiriert haben. Außerdem habe ich durch die sdw das Impact Hub in Leipzig entdeckt.“ Der Gründer und Geschäftsführer des Impact Hubs Leipzig ist ebenfalls Alumnus des Studienförderwerks und unterstützte Janine bei der Umsetzung ihrer Gründungsidee. „Ich habe viel Input von verschiedenen Seiten für mein Vanille-Business bekommen, unter anderem bei meiner Bewerbung für die Gründungsförderung.“

Janine setzt bei ihrer Gründung von Kili Vanili auf langsames Wachstum. „Ich wollte nicht gleich ein riesiges Business aufbauen. Außerdem gab es am Anfang viel herauszufinden: Was muss ich bei einer Gründung beachten? Wie muss mein Lagerraum für die Lebensmittelkontrolle aussehen? Eine besondere Herausforderung ist jedoch, dass unsere Vanille zum einen fair gehandelt wird und zum anderen eine sehr hohe Qualität hat und viel saftiger und länger ist als die vertrockneten Schoten, die man günstig im Supermarktregal findet. Das schlägt sich im Preis nieder. Daher sprechen wir nicht die große Bandbreite an Kundschaft an, sondern diejenigen, die Qualität schätzen. Hier braucht es einen langen Atem, bis man sich einen guten Kundenstamm aufgebaut hat – vor allem wenn man das wie ich als Nebenerwerb neben einer Promotion macht.“ Doch Janine setzt sich mit ihrer Idee und ihrem Start-up durch. So kaufen inzwischen einige Cafés aus ihrer Heimat – vor allem in Leipzig und Chemnitz – regelmäßig ihre Vanille für den hausgemachten Kuchen und Eierlikör.

Janine nimmt aus ihrer Förderung und ihren Gesprächen im Start-up-Bereich vor allem eins mit: „Am Ende kann man am besten verkaufen, wenn man selbst hinter dem Produkt und der Idee steht. Aus meiner eigenen Gründungserfahrung kann ich sagen, dass man einfach immer am Ball bleiben muss, auch wenn Dinge nur langsam voranschreiten.“


Porträtaufnahme Janine
Foto: Florian Josephowitz